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Luisa.
Ein großer Friedhof. Viele Katzen und eine
Frau, die aus Tierliebe die auf dem Friedhof lebenden Katzen
füttert. So geht es viele Jahre, bis eines Tages eine
komische kleine Katze dabei ist. Füchschen Luisa.
Warum aber ist der Fuchswelpe alleine unter den Katzen? Wo
sind seine Geschwister und vor allem, wo ist seine Mutter?
Im Laufe der Zeit kann die Katzenfreundin durch Gespräche
mit Besuchern des Friedhofs, Luisas Geschichte zusammen setzen.
Auf dem Friedhof oder in dem dicht angrenzenden Wald, lebte
eine Fuchsfamilie. Von Zeit zu Zeit sah man einen Fuchs durchs
Unterholz huschen. Niemand störte sich daran.
An einem nebligen Morgen waren die Jäger um den Friedhof
unterwegs. Spaziergänger und Friedhofarbeiter berichten
von zahlreichen Schüssen. "Es war wie im Krieg!",
erzählt ein alter Herr.
Zwei Tage später hört ein junges Paar Wimmern aus
einem großen Müllcontainer. Sie öffnen den
Container und blicken in die Augen eines Fuchswelpen, der
zwischen den Müllsäcken steckt. Da sie sich nicht
trauen, den Kleinen aus dem Müll zu holen, ihn aber auch
nicht seinem Schicksal überlassen wollen, kippen sie
den Container um. Luisa kann sich befreien und aus dem Container
krabbeln.
Sie schließt sich den Katzen auf dem Friedhof an.
So wächst Luisa als Katze auf. Doch mit zunehmendem Alter
kann sie ihr wahres Äußeres natürlich nicht
verbergen. Außerdem ist sie sehr zutraulich und läuft
jedem Friedhofsbesucher nach, in der Hoffnung etwas zu futtern
zu bekommen. Diese finden das lustig und akzeptieren den Neuling.
Noch ist Luisa klein und putzig und die Leute amüsieren
sich, wenn sie nach Futter bettelt und dafür wie ein
Hund mit Bällchen spielt. Das geht rund 18 Monate so.
Doch die schlechte Ernährung macht sich bald bemerkbar.
Luisas Gesamteindruck wird immer ungesunder und so dauert
es nicht lange, bis die erste Angst vor Krankheiten und Tollwut
unter den Spaziergängern auf dem Friedhof die Runde macht.
Luisa wird nun plötzlich weggetreten und Kinder dürfen
auf dem Schulweg nicht mehr über den Friedhof gehen.
Als die Friedhofsverwaltung davon erfährt, soll Luisa
von den Jägern umgebracht werden. Die Notwendigkeit dafür
wird von einem Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung besonders
deutlich hervorgehoben: Natürlich einem Jäger.
Dies ist der Zeitpunkt, zu dem wir von ihr erfuhren. Wir beschlossen,
Luisa bei uns aufzunehmen, aufzupäppeln und dann wieder
auszuwildern. Die Katzenfreundin organisiert den Transport
zu unserer Pflegestelle.
Luisas Gesundheitszustand war sehr schlecht.
Ihr Nasenbein war gebrochen, die Bestätigung für
ihre Geschichte. Unter Jägern ist es üblich, Fuchsfamilien
gänzlich auszurotten. Dazu werden zunächst die Elterntiere
erschossen. Den wehrlosen Welpen wird dann mit einem kantigen
Gegenstand auf das Nasenbein geschlagen, damit es bricht und
der Knochen das Gehirn durchstößt. Die Jäger
nennen das Abschlagen. Nicht selten werden die Tiere dann
gesetzeswidrig in einem Müllsack im nächsten Mülleimer
entsorgt.
Wir können also davon ausgehen, dass auch Luisas Geschwister
in dem Müllcontainer lagen. Vermutlich waren diese wirklich
tot oder sind in dem Plastiksack erstickt. Luisa war nur bewusstlos
und konnte sich befreien.
Die ihr wiederfahrene brutale Gewalt hinterließ Spuren.
Die Knochen waren zwar verwachsen, aber ihr Gesicht durch
den falschen Knochenstand völlig schief. Die Augen ansich
gesund, hatte der Schlag aber die Tränenkanäle am
linken Auge gequetscht, so dass die Tränenflüssigkeit
nicht ordentlich abfließen konnte. Das Auge entzündete
sich häufig.
Drei Schwanzwirbel waren gebrochen. Da der Schwanz ein wichtiges
Gleichgewichtsorgan des Fuchses ist, beeinträchtige Lusia
das sehr. Sie konnte nicht springen, nicht klettern. Ihr Gang
war unsicher. Sogar beim Fressen rutschten ihr die Beine weg.
Katzenfutter ist für einen Fuchs nicht geeignet. Und
die Süßigkeiten, die von den Friedhofsbesuchern
an die putzigen Katzen verfüttert wurden, erst recht
nicht. Die lange Ernährung damit auf dem Friedhof hatte
ihr Immunsystem geschwächt. Ihre Zähne waren nahezu
völlig vergammelt. Sie hatte Zahnschmerzen, war abgemagert
und schwach. Die Ohren verkrustet und entzündet, aus
denen ständig der Eiter lief. Keine Muskulatur, Flöhe,
Zecken, Läuse und hohes Fieber.
Luisa wog mal gerade 2,5 Kg.
In unserer Pflegestelle erholte Luisa sich langsam. Sie lebte
zusammen mit Lisar,
der ihr sicherlich als eine Art Vorbild half, Dinge wie Springen
und Klettern wieder zu lernen. Soweit ihre Behinderungen dies
zuließen. Recht schnell wurde klar, dass Luisa nicht
wieder ausgewildert werden konnte. Neben ihren körperlichen
Einschränkungen war sie einfach jedermann gegenüber
zu zutraulich. Obwohl sie so schlechte Erfahrungen mit den
Menschen gemacht hatte, konnte sie wohl deutlich zwischen
guten Menschen und Jägern unterscheiden.
Und so kam es, dass Luisa in den nächsten zwei Jahren
als Ersatzmutter für aufgefundene Welpen in unserer Pflegestelle
einsprang.
Leider sollte dieses Glück für alle nur kurz währen.
Luisa kam recht gut auf die Pfoten und ging in ihrer Aufgabe
als Mama auch voll auf. Doch ihre organischen Schäden
waren so stark, dass ihr Gesundheitszustand trotz aller Mühen
nach kurzer Zeit wieder labil wurde und Luisa schließlich
im Alter von ungefähr 4 Jahren starb.
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